Bekenntniskirche

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Die Kirche, die der berühmte Architekt German Bestelmeyer 1935 in Gersthofen erbaut hat, wirkt von außen ein bisschen wie das Urbild einer Kirche. Wenn Kinder eine Kirche malen, dann sieht dieses Bild oft der Bekenntniskirche erstaunlich ähnlich. So ist es kein Wunder, dass viele Menschen die Bekenntniskirche in unserem katholischen Umfeld für eine katholische Kirche halten. Sie ist einfach eine so typische Kirche, dass man meinen könnte, sie stünde immer schon hier. Dabei war sie wohl eher der Versuch einer kleinen evangelischen Minderheit, als Gemeinde überhaupt erst von ihrer Umgebung anerkannt zu werden. Ich bin mir sicher, die Bekenntniskirche als Bauwerk hat viel dazu beigetragen, dass die Evangelischen in Gersthofen und der Umgebung akzeptiert wurden.

Der Weg ins Innere der Kirche führt über mehrere Stufen und dann durch eine dunkle schwere Tür hinein. Alles macht den Eindruck: hier bin ich sicher. Nicht nur unsre vielen Gemeindeglieder aus Siebenbürgen werden sich an manche Kirchenburg aus ihrer Heimat erinnert fühlen.

Dieser Eindruck der Stabilität und Sicherheit erhält sich auch im Inneren. Zwei schwere, massive Steinsäulen trennen das Hauptschiff vom sehr viel niedrigeren Seitenschiff. Und auch im Altarraum ist alles fest gefügt: In der Mitte der Altar, links die Kanzel und rechts der Taufstein. Das Wort „Taufstein“ ist hier keine Verdrehung der Tatsachen, wie in mancher modernen Kirche. Hier ist wirklich alles in Stein gemeißelt. So sehr für die Ewigkeit gemacht, dass wir regelmäßig unsere liebe Mühe bekommen, wenn wir ein bisschen mehr Raum bräuchten für unsere Familiengottesdienste, das Krippenspiel an Weihnachten oder auch nur den großen Gospelchor. Im Altarraum ist nichts zu bewegen. 

Die Bekenntniskirche hat zwei zentrale Punkte. Der eine ist die Kanzel. Sie ist der einzige Ort, von dem aus man die ganze Kirche überblicken kann. Deshalb verbietet es sich auch (außer bei Taufen), vom Lesepult aus zu predigen, auch wenn ich mich als Pfarrer auf der Kanzel manchmal reichlich abgehoben von der Gemeinde gefühlt habe. Der Adler an der Kanzel ist für mich kein Symbol des Triumphes. Er unterstreicht die bergende und schützende Stimmung der ganzen Kirche. Ein Psalmvers klingt mir im Ohr: „Wie köstlich ist deine Güte, Gott, dass Menschenkinder unter dem Schatten deiner Flügel Zuflucht haben“ (Ps. 36,8). Wo Menschen sich unter Gottes Wort versammeln, da können sie des Segens und des Schutzes Gottes sicher sein. Das Weihnachtsbild von Josef Oberberger hinter der Kanzel unterstützt diese Botschaft noch.

Der andere zentrale Punkt der Kirche (wenn man nur vom Hauptschiff her denkt) ist der Altar mit dem darüber angeordneten Auferstehungsbild (ebenfalls von Josef Oberberger). Hier mit der Blickrichtung  zur aufgehenden Sonne kann ich mich ausrichten für mein Leben. Christus, der aus dem Grab steigt, ist der Anfang und das Ende. Von hier nimmt unser Glaube seinen Ursprung. Hier findet unsere Hoffnung ihr Ziel. Und seine segnende Hand weist unserer Liebe zwischen Anfang und Ende den Weg in dieser Welt.

Überhaupt würde die Bekenntniskirche ganz viel von ihrer geistlichen Kraft verlieren, wenn sie nicht die vier Bilder von Josef Oberberger hätte. Diese Bilder mit ihrer klaren Konzentration auf Jesus Christus machen die Kirche eindeutig. Ja, diese Kirche ist eine Burg. Aber keine Burg der Abkapselung, gar der Intoleranz, sondern eine Burg, in der der Geist von Jesus Christus herrscht. Und dieser Geist ist bunt wie diese Bilder, und lebendig wie die rot und grün gefärbten Strahlen der Sonne, die bei vielen Gottesdiensten vormittags durch das Himmelfahrtsfenster über dem Taufstein hereinfallen.

Schließlich geht der Blick (zugegebenermaßen vor allem des Predigers, aber am Ende des Gottesdienstes auch der hinausströmenden Gemeinde) über die große Orgel hinweg durch das Evangelistenfenster nach Westen, mit der Botschaft: wohin ihr auch geht, nehmt sein Wort in eure Häuser und in euer Leben mit und vertraut darauf, Christus hat versprochen: „Ich bleibe bei euch bis ans Ende der Welt.“

Pfarrer Grassmann im Gemeindebrief "75 Jahre Bekenntniskirche" Sommer 2010 (in Auszügen)